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Schmerz

Dialysemaschine
Dialysemaschine

Manche Schmerzen kann ich lange ignorieren. Die Sorgen des Alltags sind einfach stärker. 

Mitten im Tun blicke ich auf und entdecke eine Schwellung am Finger. Hat da eine Mücke gestochen?

Andere Schmerzen verstehe ich.

Sie haben Sinn. Am rechten Arm wird bei mir regelmäßig gestochen. Die Stiche sind manchmal schmerzhaft, aber sie haben einen Zweck. Sie verbinden den Shunt mit der Dialysemaschine, die Blut reinigt, um die Nierenfunktion zu ersetzen. 

Und dann gibt es Schmerzen, die mit Wucht Aufmerksamkeit beanspruchen. Am Ende der letzten Nachtdialyse hatte ich plötzlich intensive Brustschmerzen. Die Schmerzen begleiteten mich durch den ganzen Tag und unterbrachen mit Wucht den Alltag und alle Pläne. 

Schmerz macht bewusst, dass wir einen Körper haben. Manchmal fordert dieser Körper Aufmerksamkeit. Er ist unser Instrument, um mit der Welt zu kommunizieren. 

Mancher Schmerz fordert uns zur Ruhe im Bett auf, heraus aus der Hektik des Alltags. 

Mancher Schmerz bringt uns aber auch Unruhe. Mein Brustschmerz wurde besser, wenn ich mich bewegte. Langsam ging ich durch mein Stadtviertel. Jeder Moment der Gegenwart wurde unendlich lang. Um mich gingen Menschen flott ihren Geschäften nach. 

Die Prioritäten verschieben sich. Energie muss bewusst eingeteilt werden. Was ist jetzt wichtig? Welche Menschen sind mir nahe? 

Der Schmerz schafft Beziehung. 

Natürlich will ich auch verstehen, woher der Schmerz kommt, um ihn zukünftig zu vermeiden. Doch nicht immer ist Schmerz vermeidbar. Und das ist auch gut. Schmerz nervt, aber er ist auch ein guter Lehrer, um sich selbst und die Welt neu zu spüren. 

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