Vom Hören zum Verstehen durch Begegnung

Gedanken zum 15. Sonntag im Jahreskreis (Jes 55/ Mt 13)

Ich bin blind, wenn ich keine Brille trage. Im Schwimmbad trage ich keine Brille. Daher lächle ich alle freundlich an. Ich will ja nicht versehentlich unhöflich zu einem Bekannten sein ohne es zu wissen. Meist schauen Menschen in der Stadt abweisend und etwas grimmig. Sie sind wie Katzen, die lieber zu vorsichtig sind. Unser Alltag ist von verhinderten Begegnungen geprägt. Wie würde unser Weg sich verändern, wenn wir in einem Zug den Sitznachbar ansprechen? 

Meistens garnicht...aber einmal war es auch der Beginn einer Freundschaft. 

Sind wir in den entscheidenden Momenten wachsam? Sind wir vorbereitet auf die Überraschungen unserer Existenz? Rechnen wir im Supermarkt damit, dem Menschen zu begegnen, der unser Leben in ein neues Licht taucht?  

Oder fallen die entscheidenden Menschen in die Dornen unseres Desinteresses? 

Wir hören und lesen ständig Worte. Wir können nicht jeden Gedanken an uns heranlassen. Soziale Netzwerke und Internet laden dazu ein, andere Worte zu entdecken. Häufig suchen wir dabei nach der Bestätigung eigener Grundüberzeugungen. Die Echokammer der eigenen Gedanken lässt nichts an uns ran, was uns irritieren könnte. 

In einer Zeit großer Unsicherheit war Jesus als Wanderprediger nicht so ungewöhnlich. Jeder hatte seine Jünger und dann gab es noch die Neugierigen und Suchenden, die mehreren Rabbinern folgten und weiterzogen, wenn sich die Hoffnungen nicht erfüllten. 

Wollt auch ihr gehen? 

Manche haben das Gefühl, es ist besser zu gehen, um sich selbst treu zu bleiben. 

Manche verlieren ihre innerste Mitte, weil sie nicht wagen, aufzubrechen. 

Steh auf!

Manchmal hören wir ein Wort, vergessen es aber schnell wieder. Die Zeit ist noch nicht gekommen. Später wundern wir uns. Warum waren wir so taub? Manchmal hätte unser Leben ganz anders laufen können. Wir begegnen einem Menschen, der so gut zu uns gepasst hätte. Wir ignorieren eine Stellenanzeige, die genau unserem Profil entsprochen hätte. Wir waren spät ins Bett gegangen und waren daher im Vorstellungsgespräch unkonzentriert. 

Manchmal hindern uns Menschen und Strukturen, unseren Platz zu finden. Manchmal verlieren wir den Job, der doch so gut passte, weil eine Krankheit den Alltag diktiert. Manchmal sind wir nur darin frei, wie wir reagieren. Es gibt keine Antwort auf die Sinnfrage, aber wir werden mit dem Schicksal fertig, weil Aufgeben keine Option ist. 

Schaffen es die wesentlichen Gedanken, Worte und Menschen, unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen? Wie oft muss ein Gedanke wie Schnee und Regen vom Himmel kommen, um das vertrocknete Land unserer Seele zu tränken und uns zu verwandeln? 

Wann kommt der entscheidende Funke, der uns fähig macht, Frucht zu bringen? Hundertfach, Dreißigfach oder einfach ein wenig in unseren Familien. 

Die ganze Schöpfung wartet auf Menschen, die diese Welt verwandeln. Fangen wir heute an. In kleinen Schritten. Erst das Mögliche. Wunder kommen später!

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