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Augsburger Religionsfriede

1648 endete mit dem Westfälischen Frieden der Dreißigjährige Krieg. Die Verträge von Münster, Osnabrück und Nürnberg gelten als Beitrag zum friedlichem Miteinander von gleichberechtigten Staaten. Daneben beendeten sie den blutigen Konflikt von Protestanten und Katholiken. 

In Augsburg wurde die freie Religionsausübung von den Protestanten ab 1650 mit einem Friedensfest gewürdigt. Dieses Fest hat sich bis heute gehalten. Der 8. August ist in der Stadt am Lech ein staatlich anerkannter Feiertag. 

Am 7. August 2023 stand ich abends am Platz vor dem Rathaus. Zuvor hatte ich ein Zimmer im Hotel am Rathaus bezogen. Im Rathaus fanden 1530 die Sitzungen des Reichstags statt. Philipp Melanchthon hatte für diesen Anlass zusammengefasst, was der Kern des evangelischen Glaubens ist. Kurfürst Johann von Sachsen übergab die Schrift dem Kaiser.

Zuvor waren bei der Eröffnung des Reichstags die Differenzen nochmal deutlich geworden. Nach dem Willen des Kaisers sollte im Dom ein Gottesdienst stattfinden...natürlich katholisch. Die Anhänger Luthers zogen mit ein, aber verließen dann das Gebäude. Am Schluss waren sie wieder drin und zogen zum Rathaus. 

Es sind kurze Wege. 6 Minuten geht man vom Dom zum Rathaus. Vor dem Dom steht eine Skulptur. Viele kleine goldene Fische bilden gemeinsam einen großen Fisch. Die Skulptur soll das Miteinander der 430 katholischen Kindergarten in Augsburg zum Ausdruck bringen. Sankt Simpert entlastet als Kita-Einrichtung  die katholischen Kindergarten von Verwaltungsaufgaben. 

Meine Deutung war und ist anders. Für die Anhänger Luthers war ja das Überleben nur möglich, weil sie sich zu einem Bund zusammenschlossen. Und heute könnte der gemeinsame Blick der Konfessionen auf Augsburg der Stadt auch wieder gut tun. Die Skulptur greift natürlich das Bild der Fische auch auf, weil der Fisch zum heiligen Ulrich passt. Und der ist einige Jahrhunderte älter als die Reformation.

Die Ulrichskirche in Augsburg ist ein einmaliges Ensemble. An der katholischen Basilika steht die evangelische Kirche St. Ulrich. Ursprünglich entstand dieser Teil des Gebäudes als Vorhalle für die Pilger, die das Grab des heiligen Bischofs besuchen wollten. Daneben war es auch Grablege vornehmer Augsburger Bürger. 

1526 erhielten die Protestanten das Gebäude. Nach häufigerem Wechsel zwischen den Konfessionen blieb dann der Raum ab dem Westfälischen Frieden evangelisch. 

Die katholische Basilika St. Ulrich und Afra ist ein spätgotischer Kirchenbau. Der Turmhelm in Zwiebelform wurde zum Vorbild für viele Kirchen in Bayern. Im 17.Jahrhundert wurde hier zweimal ein Kaiser gewählt. Der lichtdurchflutete dreischiffige Bau beeindruckt durch seine feierliche Schlichtheit. 

Den Hochaltar fertigte der Bildhauer Hans Degler. Dargestellt ist das Weihnachtsgeschehen. In der Unterkirche sind die Gräber der Heiligen Ulrich und Afra. 

923 wurde Ulrich der 19. Bischof von Augsburg. Eingesetzt vom ostfränkischen König Heinrich war Ulrich nicht nur Seelsorge, sondern auch Politiker. Zum Schutz der Stadt beauftragte er den Bau eines schûtzenden Mauerrings. Zudem gilt er als enger Vertrauter von Kaiser Otto I. In einem Aufstand stellte  er sich an die Seite des Kaisers und vermittelte einen Waffenstillstand.

Nach der Schlacht am Lechfeld wuchs sein Einfluss auf die Politik in Mitteleuropa. Ab 960 stellte er aber seine geistlichen Aufgaben stärker in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Seine Askese und Frömmigkeit wurde nach seinem Tod im hohen Alter gerühmt. 20 Jahre nach seinem Tod wurde er offiziell als Heiliger verehrt. 

Augsburg folgt heute dem bundesdeutschen Trend, dass der Einfluss der Kirchen nachlässt. 2017 waren 44 Prozent konfessionslos. Die Katholiken standen bei 41 Prozent. In der Stadt des Augsburger Bekenntnisses sind die Protestanten heute nur bei knapp 15 Prozent. 

Das Ulrichsfest ist in Augsburg vor allem ein katholisches Fest. Dabei ist Ulrich auch aus ökumenischer Perspektive interessant. 

Ulrich war in seinen späteren Jahren vor allem Seelsorger. Damit löste er das Amt aus der weltlichen Zweckentfremdung. 

Und dann gibt es von ihm noch einen Text gegen die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester, der wohl auch Luther gefallen hätte. 

Tatsächlich war auch das Friedensfest lange Zeit ein Fest der evangelischen Kirche und der Stadt Augsburg. Die katholische Kirche feiert offiziell erst seit 1984 mit. Der Augsburger runde Tisch der Religionen veranstaltet seit 2005 Vorträge und Diskussionen mit dem Themenfeld interkulturelles Zusammenleben und interreligiöser Dialog. Auf dem Augsburger Rathausplatz wird zum 8. August die Friedenstafel aufgebaut. Im Zoo und im Botanischen Garten feiern die Kinder ein Friedensfest. 

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