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Europäischer Tag der Sprachen

Manchmal komme ich anderen Menschen näher, wenn ich ihre Sprache nicht sofort verstehe. Die gleiche Sprache erzeugt die Illusion gemeinsamer Vorstellungen bei gleichen Worten. 

Tatsächlich schwingt bei jedem Wort und jedem Satz, den ein Mensch spricht, auch eine individuelle Geschichte und Erfahrung mit.

Manche beschneiden ihren eigenen Erfahrungsraum, indem sie eine bestimmte Sprache nicht sprechen oder nicht hören wollen. 

Viele, die von den Nazis verfolgt wurden, konnten nicht ertragen, deutsche Worte zu hören. Viele Vertriebene wollten kein Tschechisch oder polnisch mehr hören. Und in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg weigern sich manche Ukrainer russisch zu sprechen. Menschlich ist diese Reaktion verständlich. Ich halte trotzdem nichts von dieser Form der Traumaarbeit. 

Warum sollte man bösen Menschen eine Sprache schenken? Müsste man die Sprache des Aggressors nicht erst recht nutzen, um eine alternative Sicht auf die Dinge lebendig zu halten? 

Sollte man nicht alle Sprachen den Menschen schenken, die lieben, statt eine Sprache Menschen zu überlassen, die hassen?

Heute ist Europäischer Tag der Sprachen. Europa gewinnt seine Stärke und Identität gerade dadurch, dass auf diesem Kontinent viele Sprachen gesprochen werden. 

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