Leipzig, 13. Januar 2016

JUSTIZMINISTER SEBASTIAN GEMKOW BETEILIGTE SICH AN DER LICHTERKETTE IN LEIPZIG

"Wie viele Leipziger Bürgerinnen und Bürger finde ich: Die Gewalt in der Sprache und in der Tat muss endlich ein Ende haben. Ich nehme an 'Leipzig bleibt helle' teil, um für eine friedliche Stadt einzustehen." Wer hat das auf meine Anfrage der geantwortet? Ein Mitglied der Leipziger CDU? Ein Minister? Ja! Der sächsische Justizminister hatte sich am späten Nachmittag des 11. Januar bereits eindeutig positioniert. Der Kreisvorsitzende der CDU und beide Leipziger CDU-Abgeordnete im Bundestag hatten zuvor kein gutes Haar an der Veranstaltung gelassen.

 

Von parteiübergreifenden Aufrufen halte ich nichts, da sie die Unterschiede zwischen den Parteien und auch die Verantwortlichkeiten vermengen“, hatte die Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla am Freitag erklärt. Sie hatte am Freitag vor dem 11.1. auf meine Anfrage geantwortet und kurz danach eine Pressemitteilung in Umlauf gebracht. Darin lehnte sie „die Ziele der Lichterkette weitgehend ab, da sie die Bemühungen der Bundespolitik um eine Reduzierung und Eingrenzung der Asylbewerberzahlen torpediert.“ Das zielte vor allem gegen zwei Punkte aus dem Aufruf von Pfarrer Wolff:

  • für das Grundrecht auf Asyl

  • für ein Europa der offenen Grenzen

Das würden doch einige CDU-Politiker so nicht unterschreiben können. Und so folgte am Sonntag unvermeidlich eine Erklärung der CDU-Leipzig. Die parteipolitische Diskrepanz zu den Zielen, die Wolff formuliert hatte, kam leider nicht zur Sprache. Stattdessen wurde grundsätzlich erklärt: „Unsere Partei hat sich im vergangenen Jahr in keiner Weise an Demonstrationen oder Gegendemonstrationen beteiligt. Wir werden jetzt auch nicht an einer sozialdemokratisch organisierten Geburtstagsfeier für Legida teilnehmen.“

Nun gut. Die These, es handle sich um eine „sozialdemokratisch organisierte Geburtstagsfeier“ ist etwas gewagt. Denn immerhin nahmen auch Grüne und Linke teil. Und dann hatten sich auch noch die Kirchen beteiligt, die ja nun jenseits der Flüchtlingsfrage zumeist eher konservative Positionen vertreten – besonders die katholische Kirche. Und dann bekam die Veranstaltung noch deutliche Unterstützung von großen Arbeitgebern in Leipzig: BMW und Porsche, auch die Leipziger Messe schloss sich an, Rektoren der Leipziger Hochschulen folgten. Selbst die Gewerkschaften dementierten beim Pressetermin vor der Lichterkette, dass sie „sozialdemokratisch“ seien. Immerhin gibt es auch Gewerkschafter, die CDU wählen.

Doch die Erklärung Robert Clemens ging ja weiter: „Innerhalb der CDU gibt es nur sehr wenig Verständnis für die erneute Aufmerksamkeit, die damit die Legida-Gegner der marginalisierten Legida-Bewegung bescheren.“ Daher war sich der CDU-Kreisvorsitzende Clemen vorab ziemlich sicher, dass Justizminister Gemkow eigentlich nur zur Lichterkette gehen wollte, um sich zu informieren: „Er will sich natürlich ein Bild von der Lage vor Ort machen. Es sind ja schon verschiedene Rechtsverstöße angekündigt worden. Er sieht es daher als vernünftig an, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen“, betont Clemen im Telefongespräch mit mir. Der Justizminister ist also, so wird im Telefonat scheinbar deutlich, als Vertreter der Landesregierung vor Ort, um mal zu schauen, was so passiert.

Denn eigentlich liegt der CDU so ein „symbolischer Akt“ nicht wirklich, betonte der zweite Leipziger CDU-Bundestagsabgeordnete Feist. Eigentlich wolle er die Veranstaltung gar nicht kommentieren, schreibt er auf meine Anfrage. Schließlich ist er gerade in Berlin. Ein Gespräch mit der Präsidentin der parlamentarischen Versammlung des Europarats, Anne Brasseur hatte er und Besuch von Schülern der 16. Oberschule Leipzig. Trotzdem findet er Zeit für ein Statement zum Abend in seiner Heimatstadt. Es gehe ihm darum „gesellschaftlichen Austausch aufrechtzuerhalten, statt einer Lagerbildung Vorschub zu leisten.“ Und so verwies Feist auf Diskussionsforen, die seine Partei initiiert habe.

In der Erklärung des Kreisvorsitzenden Clemen gibt es freilich noch ein Argument gegen die Lichterkette und überhaupt gegen die Demos an diesem Montag: „Die mit den Demonstrationen verbundenen Einschränkungen betreffen aus Sicht der Christdemokraten nicht nur die Zivilbevölkerung, sondern auch die vielen Polizisten, die durch den dauerhaften Demonstrationszustand an die Grenze ihrer Belastbarkeit gelangt sind beziehungsweise schon darüber hinaus gelangt sind.“

Die Konsequenz formuliert Clemen im Telefonat mit mir so: „Ich hätte es besser gefunden, das Ganze heute Abend nicht zu genehmigen.“ Dies beziehe sich auch auf die Lichterkette, unterstreicht er.

Und warum nahm nun Justizminister Gemkow (CDU) an der Veranstaltung teil? Weil er als Vertreter der Staatsregierung musste? Weil er sich ein Bild von der Lage machen wollte? Oder aus innerer Überzeugung?

Hier ist die Erklärung, wie sie der Pressesprecher des Justizministers Jörg Herold mir gemailt hat:

Sehr geehrter Herr Kneitschel,

Herr Dr. Schaar übermittelte mir Ihre Anfrage hinsichtlich eines Statements von Herrn Justizminister Gemkow zur heutigen Veranstaltung in Leipzig.

Hierzu Justizminister Gemkow: „Wie viele Leipziger Bürgerinnen und Bürger finde ich: Die Gewalt in der Sprache und in der Tat muss endlich ein Ende haben. Ich nehme an ‚Leipzig bleibt helle‘ teil, um für eine friedliche Stadt einzustehen. Es wäre nicht richtig, unsere Straßen und den Montagabend linken und rechten Gewalttätern zu überlassen. Gerade nach den Angriffen der letzten Monate ist es wichtig, zu zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen. Wir müssen Gesicht zeigen gegen die, die das friedliche Zusammenleben in unserer Stadt bedrohen: als Leipziger, als Demokraten und als Staatsbürger.“