Der Empfänger sendet

„Der Himmel auf Erden ist überall, wo Menschen von Liebe zu Gott, zu ihren Mitmenschen und zu sich selbst erfüllt sind.“


Hildegard von Bingen

Notizen zum Credo 18

Cospudner See bei Leipzig
Cospudner See bei Leipzig

Am Anfang war ich im Osthafen

Dort erblickte ich in einer Betriebswohnung das Licht der Welt, zwei ältere Geschwister und meine Eltern. 

Jeder startet zunächst damit, dass er in eine Welt stolpert und rätselhafte Dinge erlebt. Der Schrei des Baby's ist auch ein Schrei der Überforderung. Wir müssen die Sicherheit des Uterus loslassen. 

Es bleibt die ungeliebte Entwicklungsaufgabe, Dinge und Menschen mitzugestalten und dann wieder loszulassen. Am Ende lassen wir uns selbst los.

Eltern und Erzieher erzählen uns, was sie selbst gedeutet haben. Wir beobachten andere Menschen und deuten eigene Erfahrungen. Und doch bleibt die Welt ein Rätsel. Gibt es ein Du hinter dem Spiel von Molekülen am Rande des Nichts? 


Meine Suche nach dem göttlichen Bewusstsein startete beim Ich. Das ist unvermeidbar. Das Ich ist die unvermeidbare Basisstation, von der aus ich das Du und die Welt versuche zu entschlüsseln. Wir brauchen eine Selbstdarstellung zum Du. Die Forschung weiß um das Problem, dass das Bewusstsein der letzten Erklärung trotzt. 

Das göttliche Bewusstsein entzieht sich ebenfalls jeder naturwissenschaftlichen Betrachtung. Und doch ist mir wichtig, dass meine Suche nach Gott der Naturwissenschaft nicht widerspricht. 

Jeder, der diesen Text liest, erlebt sich als bewusstes Ich. 

Nicht jeder, der dies liest,wird die Ansicht teilen, dass dieses Universum einen göttlichen Ursprung und ein göttliches Ziel hat. 

Gott ist eine These, die sich hartnäckig hält. Selbst Nobelpreisträger sind unter den überzeugten Gottsuchern. Natürlich beweist das nichts. Das Nachdenken über Gott ersetzt nicht den individuellen Sprung in den Glauben. Trägt in den Stürmen, was ich glaube?

Wissenschaft setzt Grenzen. 

So ist es unmöglich, zu fliegen, indem der Mensch einfach mit den Armen heftig in der Luft wedelt.

Wissenschaft kann auch genau erklären, warum das auf diese Weise nie klappen wird. 

Und doch erweitert die wissenschaftliche Forschung unsere Grenzen. Menschen machten Erfahrungen mit Jesus, die sie nicht ignorieren konnten. Paulus blickte neu auf die eigenen Überzeugungen, weil er eine unerwartete Begegnung mit dem Du hatte. Erfahrung ist Ausgangspunkt des Nachdenkens über die Welt. 

Ich lebe am Beginn des 21. Jahrhunderts.

Das ist Ergebnis der Forschung von Menschen, die nach Wegen suchten, versagende Organe zu ersetzen. Viele Versuche scheiterten, bevor geduldige Forschung Türen fand, um hartnäckige Probleme zu lösen. Im Blick zurück erscheint manche Lösung so leicht. Doch vieles war über Jahrtausende unerreichbar. 

Ich reise in 3,5 Stunden von Leipzig nach Regensburg. 

Auch das ist Ergebnis einer wissenschaftlichen Entwicklung, die sich bemühte, Grenzen zu überwinden. 

Ich spreche ohne spürbare Zeitverzögerung mit Menschen in Indonesien oder Indien. Auch das ist ohne die Träume und Hoffnungen nicht vorstellbar, die Menschen in Jahrhunderten hatten. 

Am Anfang des 21. Jahrhunderts steht die Erde kurz vor der Entdeckung von Leben auf fernen Planeten. 

Das göttliche Bewusstsein hat in dieser Perspektive nicht nur auf der Erde Leben gewirkt. 

Die Suche nach diesem Leben in den Tiefen des Universums geht von dem aus, was uns vertraut ist. 

Leben braucht einen massiven Körper, der Energie von seinem Stern erhält. Es gibt eine bestimmte Distanz zur Sonne, die Leben ermöglicht. Das ist die habitable Zone. 

1995 wurde der erste Planet nachgewiesen, der um einen anderen Stern kreist. Inzwischen wurden in der kosmischen Nachbarschaft über 5000 weitere Planeten gefunden. 

Die Planeten sind zu weit weg, um sie zu besuchen.Doch das Licht von diesen Planeten enthält Informationen, die gerade Stück für Stück entschlüsselt werden. Auch Anzeichen für Leben können entschlüsselt werden. 

Bis jetzt gibt es noch keinen Nachweis für eine zweite Erde mit Leben. Doch es gibt 35 Planeten in der kosmischen Nachbarschaft, bei denen sich ein genauerer Blick lohnt. 

Mindestens 100 Milliarden Sterne kreisen um das Zentrum unserer Milchstraße. Mit 100.000 Galaxien gehört unsere Milchstraße zu Laniakea. Über 520 Millionen Lichtjahre erstreckt sich dieser Supergalaxienhaufen. Es gibt viele andere derartige Strukturen, die in ihrer Zuordnung an Waben von Bienen oder an das menschliche Nervensystem erinnern. Wir deuten die Welt gerne im Licht von dem, was uns vertraut ist. Doch unsere Sinne können uns täuschen. Es ist gut, einen kritischen Blick zu behalten. 

An vielen Orten könnte es Leben geben. Ich hoffe, die fremden Wesen haben ihre Hausaufgaben besser erledigt als wir. Sind wir fähig und bereit, zu hören oder geht es uns nur darum, unser vergängliches Leben festzuhalten? [Joh 12,25] Filme über fremde Welten spiegeln unsere Ohnmacht wieder, dem Du auf unserer Erde liebevoll zu begegnen. 


Die Erkenntnis, dass es wohl Leben auf anderen Planeten gibt, lässt uns die Bibel nochmal neu lesen. 


Ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stalle; und dieselben muß ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und wird eine Herde und ein Hirte werden. [Joh 10,16]


Welchen Weg Du gehst, darf ich nicht bestimmen. Ich weiß nicht, welche Aufgaben Du hast. Ich muss meinen Weg gehen und darauf achten, dass ich immer neu meinen Glauben nicht unüberlegt angenommen habe. [1 Kor 15,2]


Je mehr wir forschen, desto mehr Fragen tauchen auf. Die Wissenschaft hat gelernt, ihre eigenen Grenzen besser wahrzunehmen. Unbeantwortete und unbeantwortbare Fragen warten nicht nur in den Weiten des Universums, sondern direkt hinter unserer eigenen Stirn und in der Quantenphysik der kleinsten Bausteine des Universums.

Die Bibel ist eine Sammlung von Erfahrungen mit einem göttlichen Du. 

Wir sollen kein Bild festhalten, weil die Wirklichkeit des Du und der Welt immer anders ist als unsere Bilder und Dogmen. Und doch gibt es Bilder  und Dogmen, die uns auf die richtige Spur setzen. 

Im Dialog der Erfahrungen wuchs eine neue Perspektive auf dieses Du. 

Und doch bleibt eine Grenze, an der es gut ist, sich bewusst zu sein, dass wir nur rätselhafte Umrisse sehen. [1 Kor 13,12]

Der Weg der Suche nach Gott nimmt die Bilder und Erfahrungen ernst, die Menschen in der Geschichte und Gegenwart machen. 

Der Weg der Suche nach Gott fragt zugleich nach den Erfahrungen anderer, die nicht mit den gleichen Bildern nach Gott suchen. 

Im Credo wird die Erkenntnis der ersten Christen überliefert, dass in Jesus Christus jene Spur Gottes sichtbar wurde, die uns etwas über den Ursprung des Universums verrät. Das christliche Glaubensbekenntnis bleibt im jüdischen Monotheismus verwurzelt [Röm 11,24] und macht doch unerwartete Aussagen über das Wesen des einen Gottes.


Der Empfänger geht seine eigenen Wege.

Wir sollten offen bleiben für das Wirken des göttlichen Du. 

Theologen und kirchliche Institutionen tun zu oft so, als wären sie tatsächlich Wissende. 

Der Blick in den Sternenhimmel und auf Welten, die vielleicht bewohnbar sind, sollte unsere Ohnmacht nochmal deutlich machen. 

Wir sind Teil einer großen kosmischen Geschichte. Als Amerika [wieder] entdeckt wurde, glaubten Christen, sie müssten den Menschen in Amerika Dinge erklären, die sie noch nicht wissen. Sie verstanden nicht, dass sie selbst Hörende sein müssen. 

Gottsuche ist ein Prozess, in dem ich mich von anderen überraschen und verunsichern lasse, weil Gott immer anders ist als unsere Bilder von ihm. 


Um so wichtiger ist, hinter den Bildern, die Gottsucher auf der Erde nutzen, zu blicken. 


Gott bleibt der Allmächtige. 

Gott geht in die Ohnmacht. 

Es gibt ein exklusives Wissen um Zeiten und Fristen, das dem göttlichen Sohn verborgen bleibt, weil er in der Dunkelheit als Licht wirkt. [Mk 13,32 / Joh 8,12]

Der Sohn lässt sich das Erbe auszahlen und legt es verschwenderisch in den Kosmos: 

Materie, Energie und Information. 


Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. [Joh 1,3]


Ist Jesus selbst der verlorene Sohn, von dem er da im Gleichnis erzählt? [Lk 15, 11-32]

Ehe Abraham war, bin ich.[Joh 8,58]

Der Blick auf Jesus wandelte den Blick seiner Anhänger auf den einen Gott. 

Es gibt einen göttlichen Dialog. 

Der Allmächtige verzichtet auf Macht. Er wendet sich dem Du zu und schafft dem Du einen eigenen Raum, in dem das Ich sich selbst erfährt und im Dialog entwickelt. 

Dieser Prozess ist schmerzhaft und führt uns oft über die Grenze des Erträglichen. Die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf einen letzten Sinn hinter den Ereignissen, mit denen wir konfrontiert sind. [Röm 8,22] 

Es braucht einen gemeinsamen Raum der Begegnung mit dem Du.

Doch es braucht auch getrennten Raum, damit das Du sich selbst entwickeln kann. 

Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. 


Auf dem kleinen Planeten, auf dem wir leben, bleibt keine Zeit für Hass und Streit.

Der nächste bewohnbare Planet ist zu weit weg, um ihn schnell zu besuchen. 

Das ist gut so.

Es ist nicht sicher, ob wir bereits verstanden haben, was es bedeutet, füreinander zu leben. 

Lange bevor es zu einem echten Kontakt kommt, wird es erst einmal langsam klar werden, dass wir nicht allein sind. 

Hat das Auswirkungen darauf, wie wir uns hier auf der Erde begegnen?

Noch streiten wir uns um Land und Besitz, obwohl wir wissen, dass all das, was uns so wichtig erscheint, in der Sonne verglühen wird. 


Wir sind wie Samen in dieses Universum geworfen. Wir werden nicht bleiben. Andere sind in andere Teile des Universums geworfen. Nach allem, was uns die Wissenschaft über komplexes Leben sagt, werden auch Wesen auf anderen Planeten sterblich sein. 

Was machen diese wohl aus dieser kurzen Zeit in Raum und Zeit?

Die Schöpfung ist nicht abgeschlossen. Das absolute Du ist noch am Werk. Jesus ist noch am Werk. [Joh 5,17] Und wir selbst arbeiten mit, indem wir dem Du in Liebe begegnen, ohne an einen eigenen Vorteil zu denken. [Lk 17,10]



Vielleicht musste das absolute Du gerade hier sichtbar werden, weil wir auf diesem Planeten besonders oft das Mosaik falsch zusammensetzen?



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