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Damit die Welt das Herz gibt

Weihnachtsfenster in der Leipziger Michaeliskirche
Weihnachtsfenster in der Leipziger Michaeliskirche

Gedanken zur Ökumene

Die Jünger Jesu werden aufgefordert, eins zu sein. Die Jünger Jesu? Das sind Menschen, die im Leben auf diesen Jesus setzen, der vor 2000 Jahren lebte. 

Es geht auch noch etwas präziser: Es geht um die Menschen, die darauf vertrauen, dass Jesus bis heute jene begleitet, die bei ihm bleiben. 

Die Jünger Jesu wissen, dass sie getrennt von ihm nichts und niemanden erreichen werden. [Joh 15,5]

Es geht um die Gemeinschaft jener, deren Herzen brennen, wenn sie das Wort Jesu hören. [Lk 24,32]

Wer die Gruppe gerne formal eingegrenzt haben möchte: Zielgruppe sind jene, die das Große Glaubensbekenntnis unterschreiben würden. Das ist ein wichtiges Kriterium, auch wenn praktisch die Grenze fließend ist.

Die Vielfalt und Widersprüchlichkeit der Kirchen, die sich auf die Konzilien Nizäa und Konstantinopel berufen, zeigt: da ist keine harmonische Einheit zwischen Christen in Aussicht. 

Die Ökumenische Bewegung entstand aus dem Bewusstsein, dass das Zeugnis der Christen unglaubwürdig ist, wenn Christen intern nicht schaffen, jene Liebe vorzuleben, die sie der Welt verkünden wollen. 

Warum erwartet ihr von Gott eine Belohnung, wenn ihr nur die liebt, die euch lieben? Das tun auch die Menschen, die nicht nach Gottes Willen fragen. [Lk 6,32]

Jesus ist anspruchsvoll, wenn es um das Thema Nächstenliebe geht. Seine Erwartung: wir sollen selbst frei sein und andere frei machen. 

"Wie ist es nun mit uns, sagte Petrus. Wir haben doch alles aufgegeben und sind dir nachgefolgt. Was werden wir dafür bekommen." [Mt 19,27]

Pardon, Petrus, es geht nicht um Dich. Du wirst keine Macht mit Jesus erleben, sondern Ohnmacht. Jesus geht nach Jerusalem und stirbt dort. Du hättest das gern verhindert, aber Du kannst nicht anderen vorschreiben, was der richtige Weg zu Gott ist. [Mt 16,22]  Du wirst erleben müssen, dass ein Spätberufener dir erklärt, dass er Jesus besser verstanden hat als Du. Paulus heißt der selbstbewusste Mann. [Gal 2,11] Und Du wirst das am Ende akzeptieren. Du wirst Deinen eigenen Weg gehen. Du wirst den bitteren Kelch der Nachfolge trinken. [Mk 10,38] Du wirst leiden und sterben. Und auch die Menschen, die sich auf den Stuhl Petri setzten, müssen immer neu lernen, dass die Ohnmacht der Weg Gottes ist. 

Berufung durch Jesus ist ein Ruf aus der Sicherheit unseres Alltags in die Unsicherheit. Es geht darum, loszulassen, um neue Wege zu finden. 

Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat,

‪wird das Hundertfache dafür empfangen: Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser, Brüder, Schwestern, Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben. [Mk 10,28 - 31]


Gerade uns Christen in Europa geht es ja oft so, wie dem reichen Jüngling im Evangelium, der von Jesus wissen will, was er tun kann, um Gott nahe zu kommen: 

Um wirklich Jesus nachzufolgen, müssten unsere Gemeinden jede Sicherheit aufgeben, in der sie sich gemütlich eingerichtet haben. [Mt 19,22]

Berufung durch Jesus ist ein Ruf in die Ohnmacht!

Wir sind als Christen also dazu aufgerufen, aufzubrechen, ohne irgendetwas oder irgendjemanden festzuhalten. Wir sind aufgerufen, ohne Netz und doppelten Boden zu leben. Wir sind aber auch aufgerufen, mit jenen in lebendiger Verbindung zu bleiben, die mit uns auf Jesus vertrauen. 


In Verbindung bleiben heißt, dem anderen Gutes tun, wo wir dazu in der Lage sind. 

In Verbindung bleiben heißt, mit dem anderen Christ der nichtchristlichen Welt Gutes tun, wo die Welt unsere Zuwendung braucht. 


Es geht in der Ökumene nicht darum, als Kirche oder als einzelner Christ in der Welt einflußreicher oder mächtiger zu sein. 


Berufung bringt uns selbst nur Probleme. Es geht aber nicht um uns, es geht um die Welt. Christen sind das Salz der Erde. Sie entziehen sich der Logik von Macht und Gewalt, um die Welt zu heilen. 

Ich bin nicht naiv. Ich weiß: zu oft sind wir Christen nicht das Salz der Erde. Zu oft hat das Salz den Geschmack verloren. 



Wir sind als Christen in der Welt, aber nicht von dieser Welt. Wir haben einen anderen Blick auf die Welt, weil wir gegen den Augenschein wissen, dass am Ende das Leben stärker ist als der Tod. 

Das Leben ist stärker als der Tod. Alles andere wird vergehen: die Sprachen, die Nationen, die Kulturen, Bauwerke und Wahrzeichen, die Kirche selbst. Die Gestalt der Welt vergeht! Das Wort der Hoffnung aber bleibt. [1 Kor 7,31]

Sammelt keine Schätze, die vergänglich sind. Sammelt Erfahrungen mit Menschen, aber bindet Menschen nicht an Euch! Sucht das Gute im Du, auch dann, wenn ihr es nicht sofort seht!

[Mt 6,19-21]

In Verbindung bleiben: auch dann, wenn der andere Christ unseren Weg zu Gott kritisiert und für falsch hält. 

Gutes tun, auch wenn der andere Christ uns mit Hass und Ablehnung begegnet - was ja eigentlich in der Ökumene nicht passieren darf, aber doch Realität sein kann. 

Wir kommen als Christen dem anderen näher, wenn wir uns gemeinsam Jesus zuwenden. 

Die Ökumene ist Übungsplatz der Feindesliebe. 

Wie sollen Christen der Welt Frieden bringen, wenn sie untereinander keinen Weg zum Frieden finden? 

Die ganze Welt wartet sehnsüchtig auf die Menschen, die selbst in die Ohnmacht gehen, um andere aufzurichten und zu befähigen, ihren eigenen Weg zu Gott zu gehen. 

Natürlich kann es sein, dass ich andere meiden muss, um mich selbst und andere, die ich liebe, zu schützen. Aber ich kann nicht über den Weg des anderen urteilen. [Mt 7,1]

Ertrage ich das? Ertrage ich, dass der andere seinen eigenen Weg geht? Binde ich ihn an mich oder führe ich ihn zum Du? Bin ich Wegweiser für den anderen oder will ich dem anderen den Weg vorschreiben? 

Was geht Dich das an, welchen Weg der andere geht? [Joh 21, 20-24] Folge Jesus nach, erzähle von der Hoffnung, die Dich erfüllt. Suche nach seinen Spuren: bei Deiner Gemeinde, bei den Christen in Deiner Stadt und in der Welt. 

Folge Jesus nach. Wende Dich dem Du zu, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Suche gemeinsam mit den Christen in Deiner Stadt, was Menschen in der Stadt hilft, ihren Weg in Freiheit zu finden [Jer 29,7]. Schau nicht darauf, was besonders den Christen hilft. Den Vorteil für die eigene Gruppe suchen alle. Das ist nichts besonderes. Du aber folge Jesus nach!

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